Subjektive Fehlerquellen in der Beurteilung
Kritik an Schulnoten.
Weitere Arten von Fehlerquellen: Klasseninternes
Bezugssystem, Zensurengebung in verschiedenen
Fächern und Schuljahresstufen, Prognostischer
Wert von Zensuren und Zeugnissen
(nach Ingenkamp 89, S. 67 und 97, S. 102)
Ulshöfer: Deutschaufsätze
(1949)
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42 Deutschlehrer beurteilten einen Reifeprüfungsaufsatz
mit "Sehr gut" bis "Ungenügend", jeweils mit entsprechender Begründung
Finlayson (1951): Wiederholte,
anonyme Auswertung von Aufsätzen; Tests/Retests
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Hohes Forschungsniveau
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Streuung um 4 Pkt. (Skala von 20)
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Korrelation von 0,7-0,9
--> 2 Aufsätze pro Kind: Streuung. Grund: Aufsatz
nur zu einem Thema ist nicht repräsentativ für die Fähigkeit,
generell Aufsätze zu schreiben. Wird vom Inhaltsaspekt überlagert.
--> Team-Beurteilung: Verbesserung des Reliabilitätswertes!
Eells 1930: Wiederholtes Beurteilen
von Prüfungsarbeiten (Aufsätzen) nach 2 Wochen bis zu 4 Jahren
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Beurteilung der Aufsätze varriert im Zeitabstand bei
denselben Lehrern genauso wie zwischen verschiedenen Lehrern
Osnes 1972 (Norwegen): Aufsatzbeurteilung
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Kombination von Fehlern mit schlechter Handschrift beeinflusst
die Examensnote
Baurmann: Deutschaufsätze
(1971)
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Reihenfolge: zum Schluss werden die Noten besser
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Vorinformationen und Persönlichkeitsmerkmale (Alter,
Geschlecht) beeinflussten die Note
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kürzere Aufsätze schneiden schlechter ab.
--> Keine feste Reihenfolge beim Korrigieren. Mischen. Nicht
nach Abgabezeit korrigieren.
--> Zum Schluss: Alle Noten noch einmal abwägen.
Coffman zieht ein Fazit:
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Verschiedene Beurteiler neigen dazu, demselben Aufsatz verschiedene
Noten zu geben
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Der einzelne Beurteiler neigt dazu, für denselben Aufsatz
zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Zensuren zu geben
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Die Differenzen werden um so größer, je mehr Freiheit
das Thema erlaubt
Starch/Elliot (1913): Mathematik
(Geometrie) und andere Fächer
Fehlende Auswertungsobjektivität.
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Streuung über die ganze Notenskala
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verschiedene Anforderungen der Schulen
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verschiedenes Ausbildungsniveau der Lehrer
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relativer Wert verschiedener Elemente: Inhalt/Form
Weiss (1965): Aufsätze und Rechenarbeiten
Faktoren, die die Objektivität beeinflussen:
positive oder negative Vorinformationen zum sozialen
Hintergrund
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Subjektivität des Lehrers gegenüber der Leistung:
Noten von 1-4
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Bei negativem Vorurteil: 1 Note schlechter (bei 60%)
Carter (1952): Gültigkeit von
Zensuren für Algebraaufgaben
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Mädchen bekommen bessere Noten
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Lehrerinnen gaben bessere Noten
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Intelligenz beeinflusst die Noten mehr als die Leistung
Hadley (1954): Vorurteile
/ Sympathie (Lesen, Arithmetik, Rechtschreibung, Sprache)
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Die Hälfte der beliebten Schüler bekommen bessere
Noten, als ihre Leistung ist
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Die Hälfte der unbeliebten Schüler bekommen schlechtere
Noten, als ihre Leistung ist.
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Mädchen bekommen bessere Noten
Ingenkamp (1974): Mündliche
Prüfungen
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Regelmäßiges Sinken und Steigen, d.h. einer Schwingung
ähnlich.
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Die Amplitude nimmt mit der Zahl der Prüfungen pro Tag
zu.
Hartog/Rhodes (1936): Mündliche
Prüfungen (Vergleich Ausschuss I / Ausschuss II)
Auswahlgespräche zu "Aufgeschlossenheit,
Intelligenz, allg. Entwicklungsaussichten"
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Zwischen den Beurteilungen einzelnen Prüfer und der
Gesamtheit: signifikante Korrelation
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Manche Prüflinge werden vollkommen verschieden beurteilt
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Das Ergebnis ist von Ausschuss zu Ausschuss verschieden
Kvale (1972): Mündliche
Prüfungen
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Abrichtungsfunktion; Akzeptieren und Internalisieren der
Werte der Herrschenden.
Moeller (1972): Mündliche
Prüfungen
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Durch Angstauslösung wird die Leistung verschlechtert,
die gemessen werden soll
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Vergleichbar mit Initiationsriten und Statuszuweisung
Birkel (1978/1984): Mündliche
Prüfungen
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Kontrasteffekt: nach einer besseren Leistung wird der Schlechtere
noch schlechter
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Abhängigkeit von Vorinformationen
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Zuschnitt der Prüfungsinhalte auf den Prüfling
geht zu Lasten der Vergleichbarkeit
Quellen:
Ingenkamp, Kh.: Die Fragwürdigkeit der Zensurengebung, Weinheim
und Basel 1977, S. 69 ff;
Ingenkamp, Kh., Pädagogische Diagnostik, Weinheim und Basel 1997,
S. 102 ff
Jürgens 1997, S. 65
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